Nasse Schneeflocken fallen auf meine Nase, die Kamera schiebe ich zum Schutz unter die Jacke, mit den Füßen stehen ich auf grobem Kies und Schlamm. Geoff kämpft unverdriesslich mit den letzten Rühreiern, es ist einfach alles nass, doch Kaffee und Tee sorgen für die nötige Heizung. Es ist der 21. August, und der letzte Tag auf dem Fluss beginnt. Ich grinse. Schlechtes Wetter steht auch bei mir nicht ganz oben auf der Wunschliste, doch nach zwei Sommerwochen auf dem Snake sind einige eher nasse Tage auf dem Peel nicht so tragisch und dieser Abschluss geradezu passend: der Polarkreis ist südlich von hier, und bis zum Polarmeer sind’s gerade noch 180km in die andere Richtung. Arktischer Herbst eben. Wir werden am nächsten Tag zwischen angezuckerten Berge wieder gen Süden fahren.
Vor ziemlich genau 10 Jahren saß ich in einem Vortrag von Paddelkollegen aus Oppau. Dieser Abend führte dazu, dass auf meiner für sie nächsten 500 Jahre reichenden Reise- Wunschliste auch der Snake River am nordöstlichen Rand des Yukon Territory landete. Wenn es einem so richtig schlecht geht, muss man resp. frau richtige Projekte planen, so begann für mich im Herbst 2012 die Suche nach Mitpaddlern für diesen einen der zahlreichen Schlangenflüsse dieser Welt. Und so hatten wir zum Jahreswechsel eine Gruppe aus sechs usual & new suspects zusammen.
Was schön dass es Internet gibt – wenn sich die die Gruppe über die Republik, die Schweiz und Holland verteilt und organisiert werden muss. Pakete werden geschickt, Boote verfrachtet (ein Kanadier und ein Faltkajak gehen mit), auch wir fliegen im Juli endlich über den Teich und sammeln uns in Whitehorse. Auspacken, einkaufen, umpacken, einpacken (O Gott, wer soll das alles essen), dann endlich fährt uns Erik nach Mayo, zu Blacksheep Aviation. Der Chef begutachtet mit einem Schmunzeln unsere diversen Boote, wir kochen zwischen Blackflies und hölzernern Elchen, der Blick bleibt auf dem ruhigen Stewart hängen. Tags darauf fliegt uns ein wortkarger Pilot nach Duo Lakes, ein traumhafter Platz ca 2km vom Input zum Snake River entfernt. Es kann losgehen.
Der Snake River gehört zum Peel River System, das den letzten großer Zufluss von der westlichen Seite in den Mackenzie zu Beginn des Mündungsgebiets bildet. Neben resp. vor dem Snake münden weitere Flüsse wie Bonnetplume, Wind oder Hart in den Peel, der nach dem Zufluß des Snake sich nach Norden windet. Dieses traditionelle Jagd- und Lebensgebiet der verschiedenen Gwich’in Indianer kam relativ spät in den Fokus der Weißen. John Franklin hat sich bei seiner zweiten, nicht so desaströsen Expedition 1827 ein bisschen verfahren und die Mündung des Peel erst einmal für den Mackenzie gehalten. Zum Ausgleich hat er den Peel dann getauft, wie immer ohne Rücksicht darauf, dass der Fluß schon einen Namen hatte (vielleicht war Teetl’it Gwinjik auch zu kompliziert). Bei der Jagd auf Pelze wurden die Wege immer länger, die Rendite immer weniger, und dennoch wurde dann in den 1840er der restliche kanadische Nordwesten Kanadas abgeklappert. So kam Robert Bell wohl als erster (dokumentierter) Weißer um 1839 den Snake hinauf. Die Hudson’s Bay Company hat 1840 den Peel River Post (heute Fort Mc Pherson) gegründet; in dem Jahr als Campbell zum ersten Mal den Pelly herunter kam (damals galt dieser Fluss als Oberlauf des Yukon).
Während des Goldrauschs 1898 am Klondike gab es auch einige Männer, die eine komplett kanadische Route zum ersehnten Reichtum suchten. Also über den Mackenzie River, den Peel und einen seiner Zuflüsse hinauf Richtung Dawson, auch wenn man sich über die Geografie in dieser Gegend noch nicht so ganz im Klaren war. Gold gab es letztlich nach dieser langen Anreise für die wenigsten, dafür Erfahrung und Weisheit. So auch für 1898 für George Mitchell, der sich bei dem Versuch über den Wind River den Klondike zu erreichen, die Kniescheibe brach, und nur durch die Fürsorge (und ärztliche Versorgung – OP mit Karibou-Knochensplittern und -sehnen) der örtlichen Indianer diesen Unfall überlebte. Seine Erzählung, nachzulesen in „The golden Grindstone“ von Angus Graham, ist eine der wenigen Dokumente, die das Winterleben der dort ansässigen Gwich’n aus erster Hand beschreibt, und war die Vorlage für den James Mitchener’s „Klondike“.
Zurück zum Fluss. Die Realität an Duo Lakes ist noch besser als die Bilder, die ich vorher zur Genüge betrachten konnte. Das Wetter ist grandios, die Aussicht ebenso. Wir beschließen, einen Tag zu bleiben. Ich stelle das Stativ auf und fotografiere den Sonnenuntergang über den kleinen Seen. Mir fehlen die Worte.
Tags darauf fehlen sie mir dann aus einem anderen Grund: wir fangen an umzutragen, und Portagen setzen so manchem Redefluss ein Ende. Um die Kaffeezeit geht es endlich los – wir schwimmen. Nein, nicht ganz: wir paddeln, und auch das stimmt nicht wirklich: wir treideln. Vor allem unser Faltboot trifft der relativ niedrige Wasserstand hart; der Begriff Wasserwandern hat eben mehrere Bedeutungen. Nach drei Stunden der erste Zeltplatz auf dem Fluss, es gibt Nudeln für die müden Kämpfer. Ein kleiner Sandstreifen auf dem Kies reicht für meine Hütte. Allerdings hätte ich an jenem Abend auf jedem Untergrund schlafen können. Der zweite Tag bringt weitere Treideleinheiten – Tatjana is not amused – aber auch einen schönen Canyon vor Reptile Creek. Versteinerungen erinnern an die lang ausgestorbenen ehemaligen Bewohner dieser Welt. Wenig Wasser und „unconveniently placed rocks“ bescheren uns nochmal eine größere Einheit zu Fuß. Wir beschließen einen weiteren Tag am Reptile Creek zu bleiben, den Ratschlägen meiner Freunde folgend, sowie blaue Flecken und sonstige Folgen der Treidelei pflegend. Wandern, Tagebuch schreiben, lesen und was so ansteht. Valerie backt zum ersten Mal Pfannenbrot, zur großen Freude der ganzen Bande.
In den nächsten vier Tagen macht der Snake seinem Namen alle Ehre. Bei dem Gekringel kann einem ja schwindelig werden. Ein Kürvchen nach dem anderen, gelegentlich auch Entscheidungen, wohin’s denn nun gehen soll. Ein Karibou flüchtet vor uns, ein anderes galoppiert uns eine Weile hinterher, ein weiteres war nicht schnell genug für den Revierwolf. Dall Schafe sind in den Hängen zu sehen. Überhaupt die Berghänge. Für mehrere Tage fahren wir durch ein breites, offenes Tal, flankiert von langezogegenen Bergrücken, und in den Lücken dazwischen: höhere Berge der Selwin Mountains, der Knorr Range, mit Schnee und hohen Gletschern linker Hand, die Ausläufer der Mackenzie Mountains rechter Hand. An den unteren Hängen Wälder, die noch kein Waldmanagement kennengelernt haben, weiter oben farbige Geröllhänge in weiß, grau, beige, rot, violett. Und keine Zwiebeltürme, kein MacDoof, keine Autobahnen, nur die oben genannten Bewohner und ihre Verwandten. Lärm machen nur der Fluß und der Wind.
Wir machen einen weiteren Tag Rast unterhalb des Mount Colley. Unsere Wandercombo möchte den Berg erklimmen, kommt aber aufgrund des dichten Unterholzes nicht so weit wie geplant. Das gibt uns mehr Zeit z.B. für Bootsreparaturen. Die PE-Kanadier haben das Gehoppel am Anfang soweit ertragen, aber das Holzgestell des Kajaks freut sich über Schiene und Carbonverstärkung an Sente und Leiter. Bei diesen Reparaturen soll es auf der Tour auch bleiben. Das Wetter meint es weiter gut mit uns, und wir lernen, dass die dunklen Wolken unterwegs lokal begrenzt sind, (meist) woanders abladen und sie nur von uns fotografiert werden wollen. Morgens kann’s allerdings schon frisch sein, wir fahren kontinuierlich gen Norden.
Der nun folgende S-Bend entpuppt sich als schöne Strecke mit größeren nett im Flußbett verteilten Brocken. Heute kommt heute noch die eine etwas schwierige Stelle im Canyon, die wir, wie alle, intensivst begutachten. Es ist immer wieder erstaunlich, wie der Radau einer Stromschnelle zumindest mir Gänsehaut beschert. Eine Truppe von Blackfeather ist gerade dabei durchzupaddeln, eine Crew geht baden, der Bugmann steht in kurzen Hosen am Ufer und fröstelt vor sich hin. Wir tragen das Kajak um, die Kanadier fahren; es wird fleissig fotografiert und gefilmt, alle kommen vorbildlich durch. Die ganze Aktion dauert ziemlich lange, wir paddeln noch ein bisschen weiter, und verbringen gegenüber einer Felswand einen besonders sonnigen, entspannten Abend. Unsere alltägliche Badesession erscheint mir extralang, das Licht in den Cottonweeds heute ist besonders schön. Die Vorräte an Single Malt & Geoff’s gewürztem Käpt’n Morgan werden mit besonderem Eifer weiter dezimiert.
Tags darauf kommt rechter Hand ein Bach herein, der aus einem Gebiet mit ergiebigen Erzvorkommen stammt. Wir halten an, und nun laufen sechs Schwimmwestenbestückte Paddler mit auf den Boden gerichteten Blick herum, um ja keine schönen Steine zu verpassen. Die Auswahl ist überwältigend, und vermutlich paddeln wir in den Tagen danach auch mal einen halben Zentner Steine durch die Gegend. Auch ist das Schäufelchen für den Gang der kleinen Königstiger ins Gebüsch verdächtig lang unterwegs, weil die Steine auf dem Weg intensivst begutachtet werden müssen.
Der Yukon mit den angrenzenden Gebieten in Alaska und den Northwest Teritories wird entlang des Tintina-Grabens grob in zwei Teile zerlegt. Der Nordosten, mit dem Peel Einzugsgebiet, in dem wir unterwegs sind, zeigt dabei bis zu 1,8 Milliarden alte ältere Sedimentlagen, der mehr bereiste Südwesten ist jünger und komplexer aufgebaut. Der von uns inspizierte Bach kommt z.B. aus dem größten Eisenerzvorkommen Nord-Amerikas. Bergbau war bislang aufgrund schlechter Logistik nicht so interessant – die Gegend hier ist einer der letzten nicht „entwickelten“ überhaupt in ganz Amerika. Das ändert sich in den letzten Jahren, daher beginnt nun die Zeit von Politik, Initiativen und undurchsichtigen Geschäften. Mining bedeutet neben Dreck, Müll, Landschaftszerstörung auch Strassen, das wird eine der größten Karribouherden Nordamerikas die hier lebt und zieht weiter zurückdrängen und beschädigen. Jahrelang wurde an einem Plan gearbeitet, der unter anderem die bestehende Verträge mit den Indianern berücksichtigt und vieles in Natur und Landschaft schützen sollte. Der Yukon hat jetzt allerdings eine konserative Provinzregierung, und damit ist alles Vereinbarte Makkulatur, die Geschäftemacher haben das Sagen. Realistischerweise kann man davon ausgehen, dass das Gebiet unkontrolliert erschlossen und als verschandeltes Schlachtfeld zurückgelassen wird, einige wenige werden daran verdienen – wie das so üblich ist. Das zu verhindern scheint derzeit fast aussichtslos.
Am nächsten Tag kommen wir nicht weit. Vor dem Ende der hohen Berge ist ein hübsche Stelle mit Schlucht und Wasserfall, an der wir einen weiteren Ruhetag einlegen werden. Wir nähern uns auch dem ersten Geburtstag. In unserem Fall macht das Geburtstagskind in spe selbst den Kuchen, wir haben dafür in den Tiefen unserer Packsäcke diverse Geschenke mitgeschmuggelt. Und so beginnt der Ruhetag unter Absingen eines Kanons, Valerie darf Päckchen auspacken und Geoff macht zur Feier des Tages Porridge für alle – ich habe nur keinen englischen Magen und bekomme daher gnädigerweise nur eine kleine Portion, die ich mit Todesverachtung verdrücke.
Der folgende Abend wird mir in Erinnerung bleiben. Wir sind nördlich des 65ten Breitengrads, die Dämmerung will kein Ende nehmen. Flußab der Sonnenuntergang in slow motion, gegenüber und flussauf sich mehrfach verfärbende Berge. Lange schaue ich mir das Schauspiel an, starre stundenlang Löcher in den farbigen Himmel Es ist nicht der erste Abend dieser Art, aber letzte im Gebirge. Die ersten Bilder, die im Kopf hängenbleiben werden, ziehen vorbei: der Steward River beim Start in Mayo, das Gestrüpp bei der Portage an Duo Lakes, der Geruch des frischen Brotes an Reptile Creek, die farbigen bear droppings am nächsten Platz, der Blick ins weite Tal, Schlangen- Geschlängel usw.. Mal wieder will ich nicht ins Zelt, versuche Ort und Stimmung einzukorken und mitzunehmen. Und mal wieder bin ich mehr als dankbar, dass ich hier sein darf. Irgendwann werde ich müde. Bullwinkle, der wie immer vom Gestängekreuz meines Zeltes aus alles überwacht, klappt einen Teil seines Geweihs nach vorne und findet auch, dass Matrazenhorchen angesagt ist.
Gruppen sind langsamer als Solopaddler, dafür gibt`s Arbeitsteilung unterschiedlicher und angenehmer Art. Franzi und Ute in Jacke und Wollmütze, über ein qualmendes Feuer gebeugt, Teekessel und Perki stehen drauf – mein erster Blick am Morgen aus dem Zelt (das vergesse ich auch nicht so schnell). Die Teeversorgung ist somit gesichert, die Welt ist schön, man muss nur noch aufstehen, und es wird auch nicht gemeckert, dass ich noch dicke Augen habe. Meine Frühstücke auf Solotouren sind eher spartanisch – was bin ich also dankbar. Die Welt ist schön.
Abends gibt es weitere Rituale. Nach dem Anlanden am Camp die Badeorgie – alle, auch bei schlechterem Wetter (naja, dann nicht immer alle, aber fast). Als unser Mädelsquartett an Duo Lakes das Badezimmer eröffnete, fühlt sich der fetteste Biber, den ich je gesehen habe, bemüssigt, mehrere Minuten laut platschend Patrouille zu schwimmen, um klar zu stellen dass das sein Tümpel, nicht der unsere ist.
Brennholz wird gelegentlich auch per Boot antransportiert, Geoff ist ständig mit der Säge unterwegs und auch Valerie droht des öftern mit der kleinen Klappsäge und produziert kleine Kanus und Paddel. Je nach Wetterlage wird das Küchentarp eher provisorisch oder opulent aufgebaut. Zum abendlichen Kochen gibt es im allgemeinen Zweierteams. Wir haben die Menüs in Beuteln vorsortiert – zu 95%. Da ich die restlichen 5 % verdränge, wische ich eines Abends ohne Einschalten des Hirns jegliche Bedenken von Ute hinweg, daraufhin reichen die Nudeln für die doppelte Gruppengröße. Nun haben wir auch eine Verwendung für die leere Erdnussdose, von der keiner weiss, warum die überhaupt mitgekommen ist: der Resteeimer für Menschen, die zum Frühstück gerne kalte Nudeln essen…
Tags nach dem Geburtstag verlassen wird die Berge. Eine weitere Stelle, diesmal mit „car-sized hole“ passieren wir so schnell, dass die Kamera noch nicht läuft: „wo war das Auto….?“ Die Umgebung wird flacher. Binnen drei Tagen erreichen wir die Mündung in den Peel. Nun beginnt das Wetter umzuschlagen. An unserem ersten Morgen ohne Sonne ist das nächste Geburtstagskind dran: Tatjana bekommt ein eingedostes Sachertörtchen, dass den weiten Weg von Europa bis hierher gemacht hat. Valerie steuert ihren bereits erprobten Kuchen bei. Wir legen zum ersten Mal gut verpackt ab, und erfahren später, dass in den Bergen ein ordentliches Gewitter den Sommer beendet hat; in den nächsten Tagen beginnt der Fluss zu steigen. Abends werden die Reste der Geburtstagskuchen am ersten wirklich stillen Camp vertilgt.
Der Charakter des Snake ändert sich. Es gibt zahllose Verästelungen, und jede Menge Baumleichen. Was uns am Ufer erst wie Sand erscheint, ist feiner Staub, der beim ersten Wassertropfen zu Schlamm wird. Wir passieren komplett abgerutschte Hänge. Dazu abgenagte Ufer, wo in einigen Metern Höhe die obere, durch Vegetation zusammengehaltene Bodenschicht samt halb umgekippten Bäumen überhängt, um im nächsten Moment abzustürzen. Graubraun ist der Fluß, und wir lassen das Wasser in den Eimern abends eine Weile absitzen, damit’s beim Teetrinken nicht so knirscht. Der Permafrost taut auch hier, und unterhalb solcher Hänge ist zelten ist spannender als uns lieb ist. Wir finden aber weiter brauchbare Stellen. Es ist einfach nasser und kälter, der Fluss wird ruhiger, nachts kehrt Stille ein. Hier höre ich im Halbschlaf endlich ein altbekanntes Geräusch: eine Elchkuh stopft durchs Wasser, nachdem wir alle in die Zelte gekrochen sind. Sie zeigt sich auch tags drauf am Ufer, genauso wie ein Schwarzbär und zwei Wölfe; alles gesund und entspannt wirkende Tiere.
Im Fuzzelregen geht es auf den Peel. Die Wolken hängen so tief, dass die Berge am Zusammenfluss kaum zu sehen sind. Zum Glück wissen wir ja, dass es rechts weiter geht. Die Gruppe von Blackfeather kauert am Ufer, ob sie heute abgeholt wird, ist eher zweifelhaft. Wir fahren weiter, Fort McPherson ist das Ziel. Der Regen macht auch immer wieder Pause, so auch pünktlich am Polarkreis, die Fotos im Trägerhemd sind also geschönt. Manchmal kommt das Wasser von vorne (macht weiche Haut im Gesicht), manchmal ist es einfach still und absolut ruhig. Weisskopfseeadler sitzen in der zweiten Etage, im Halbtrockenen – wer wird schon gerne nass. Nach über zwei Wochen sind wir von über 1000 Metern Höhe auf unter 50m angelangt, und das Wasser unterm Kiel wird träge. Nachmittags zur Zeltsuchzeit finden wir zum Glück doch Plätze mit Kies oder Schotter, aber der Boden ist wassergetränkt, und der Schlamm ist überall. Bei 113% Luftfeuchtigkeit leidet auch die waschende Hausfrau, was dazu führt, dass wir zwei Tage vor Schluss zusammen ums Feuer kauern und Unterhosen wie Stockbrot trocknen. Ich bleibe die letzten Tage ausserhalb des Zeltes meist in Stiefeln, Trockenhose & -jacke; ein durchgesauter Satz Klamotten reicht, und drunter ist’s trocken.
Um die Kurve kommt die Fähre – das Ende ist nah. Wir legen an, es ist wieder recht surreal, alles ausladen, Fotos usw – und wie war das jetzt mit dem Zeltplatz? Und wo sind unsere Fahrer?? Robert Alexej, der meine Paddelkollegen vor zehn Jahren eingesammelt hat, kommt wie bestellt vorbei, und karrt uns in zwei Fuhren zu dem kleinen Provinz-Campingplatz. Es wird spät an dem Tag, bis das Abendessen auf dem Tisch steht (der erste seit drei Wochen). Alle wollen duschen, das Faltboot muss abgebaut werden, das andere Zeug getrocknet, verpackt usw. Vollmond lauert zwischen den Baumspitzen, doch vorher höre ich ein Loon. Schöner wird’s nicht. Und tags drauf kommt wieder Eric, unser geduldiger Fahrer, diesmal mit Unterstützung von Max, welcher uns und unsere Gepäckberge in und auf den Bus stopft, und wir fahren bei herrlichstem Wetter den Dempster Highway entlang Richtung Dawson City und schlussendlich dann nach Whitehorse. Unterwegs wird in dem Buch von Peepre geblättert, welchen schönen Fluss man hier doch als nächstes fahren könnte…